29Mai20:00FEINE SAHNE FISCHFILET Wir kommen in Frieden - Die Release-Party!
Infos
Gerade mal zwei Jahre nach der Veröffentlichung ihres letzten Albums präsentieren Feine
Infos
Gerade mal zwei Jahre nach der Veröffentlichung ihres letzten Albums präsentieren Feine Sahne Fischfilet mit „WIR KOMMEN IN FRIEDEN“ einen neuen, abendfüllenden Longplayer. Die Welt fährt Achterbahn, und die fünf Musiker aus Mecklenburg- Vorpommern wollten bewusst die oft jahrelangen Produktionsphasen klassischer Rockformationen hinter sich lassen, um mit ihren Songs direkter und schneller aktuelle Geschehnisse reflektieren zu können. So sind die zwölf neuen Lieder sowohl Rundum- als auch Befreiungsschlag: kraftvoll, wortmächtig und überraschend nah am Puls der Zeit.
Der Titelsong „Wir kommen in Frieden“ als Auftakt haut direkt mit der Faust auf den Tisch und macht klar: Es wäre nichts so, wie es ist, wäre es damals nicht gewesen, wie es war. Er erzählt noch einmal die ganz und gar unwahrscheinliche Geschichte der Dorfpunkband, die sich gegen alle Widerstände mittlerweile als eine der reichweitenstärksten deutschsprachigen Rockformationen etabliert hat. „Wir waren jung und wussten über alles Bescheid / Stumpfe Parolen konnten nicht stumpf genug sein / Aus Jarmen losgefahren mit einem beschissenen Namen“, singt Sänger Monchi hörbar mit Spaß an der selbstironischen Betrachtung der eigenen „Karriere“.
Wobei bereits dieses Wort seltsam klingt: Karriere. Eine solche war ja niemals vorgesehen. Feine Sahne Fischfilet war das gemeinsame Projekt einer Gruppe von Freunden aus Mecklenburg-Vorpommern, die einfach Lust hatten, etwas zu bewegen – gegen die Lethargie und den oftmals lähmenden Trott der ländlichen Gebiete ihrer Heimat. Mindestens ebenso wichtig wie die Musik war dabei die politische Haltung: klare Abgrenzung gegen rechtsradikale Positionen und gegen die Tristesse der Provinz.
Die nächsten anderthalb Jahrzehnte waren Feine Sahne Fischfilet ständig unterwegs: Sie spielten in Jugendzentren, besetzten Häusern, Clubs, auf immer größeren Festivals, nahmen Alben auf – stets auf der Überholspur, unerschrocken und mit maximaler Energie. Sie wurden im Verfassungsschutzbericht erwähnt, galten als linksextreme Vorzeigeband, quasi als „gefährlichste Formation Vorpommerns“, gründeten mit „Wasted In Jarmen“ ihr eigenes Dorffestival, zu dem mittlerweile Jahr für Jahr Tausende in die vorpommersche Provinz pilgern, engagierten sich unermüdlich – und wurden dabei eher aus Versehen immer erfolgreicher. Bis sie schließlich müde, ausgelaugt und erschöpft waren.
„Wir hatten 14 Jahre durchgehend gepowert und alles in die Band gesteckt“, sagt Monchi. „Immer, wenn wir Urlaub oder eine Pause machen wollten, kam irgendwas dazwischen.“
Dadurch ausgelöste Spannungen führten 2021 beinahe zum Split und kurz darauf zur Trennung von zwei Bandmitgliedern. Klar war danach nur eins: Feine Sahne Fischfilet würden definitiv weitermachen.
Jan „Monchi“ Gorkow (Gesang) sowie Max Bobzin (Trompete), Kai Irrgang (Bass) und Olaf Ney (Schlagzeug) verbrachten in den kommenden Monaten viel private Zeit miteinander, fühlten sich befreit – aber es fehlte eine Gitarre. Für eine Punkband nicht unwichtig. Dann trat Hauke Segert in ihr Leben – ein absoluter Volltreffer: „Hauke kommt aus Rostock“, sagt Monchi, „er wohnt zehn Fahrradminuten von mir entfernt, es war perfekt.“
Der Neustart wurde zum Triumphzug: Zu fünft spielten sie 2023 ihr letztes Album „Alles glänzt“ ein, dass sie erstmals unter eigener Regie auf dem bandeigenen Label ‚Plattenweg Tonträger‘ veröffentlichten. Die Scheibe platzierte sich auf Platz drei der deutschen Charts. Anschließend begeisterten Feine Sahne Fischfilet Hunderttausende mit kathartischen Konzerten auf großen Tourneen und Festivals. Schon während der letzten Auftritte dieser Phase im Sommer 2024 war die Band wieder im Studio, um neue Songs aufzunehmen.
Denn eines war ihnen klar: In diesen verrückten Zeiten passiert so viel, da wollte man sich nicht jahrelang im Proberaum verkriechen und dann Lieder veröffentlichen, die beim Erscheinen schon Jahre alt sind. „Digger, es geschieht so viel, in der Welt, bei uns zuhause – manchmal hab ich das Gefühl, du musst nur vor die Tür gehen und wirst von der Scheiße überrollt. Aber da sind natürlich auch die ganzen tollen Dinge, die einem passieren und die genauso verarbeitet und beschrieben werden wollen. Und natürlich die ganze Trauer, die Enttäuschungen, die ganze Wut. Alles, was den ganzen Tag auf einen einprasselt. Und so haben wir einfach weitergemacht und all das schon nach zwei Jahren mit ‚Wir kommen in Frieden‘ in ein neues Album reingepackt. Und das fühlt sich genau richtig an.“
Und dieses „richtig so“ spürt man in jeder Note eines Albums voll Wut und Freude – ohne Illusionen, aber mit großer Portion Mut und enormem Spaßfaktor. Musikalische Grundlage bleibt bei Feine Sahne Fischfilet melodischer Punkrock mit entspannter Liebe zu großen Popmelodien, aber ohne stilistische Scheuklappen.
Nach dem Titelsong geht es mit „Endlich auf Reise“ weiter, einer Bestandsaufnahme: „Vom Dorffest bis nach Sylt – L‘amour toujours / Stabile Spinner auf den Straßen träumen vom Kalifat / Und die Zecken sind nur im Selbstzerstören stark“ – eine Überlandfahrt durch Deutschland im Frühjahr 2024. Reisen und Unterwegssein, ein Grundthema im Schaffen der Band, ebenso wie der klare Blick für politische Realitäten.
Ein weiterer roter Faden ihrer Musik kommt in „15 Jahre“ zum Ausdruck – das Aufwachsen und die Realität in den ländlichen Regionen der ostdeutschen Bundesländer. Hier erzählt Monchi sehr persönlich von einer seiner härtesten Erfahrungen als Jugendlicher: einem Moment, in dem er dachte, dass er ernsthaft nicht überleben würde – und am nächsten Tag mit zerschlagenem Gesicht zum Geburtstagskaffee seiner Mutter ging. Ein Song voller Wut, Verletzlichkeit und entwaffnender Ehrlichkeit.
Das derzeit stark gefeierte „Awareness“-Konzept nimmt der nächste Song ins Visier – und den quasireligiösen Eifer bestimmter Wohlfühl-Kieze, wo sich Anhänger der reinen Lehre gegenseitig bekämpfen, statt gemeinsam gegen jene vorzugehen, denen „Grüße ins Neandertal“ gelten müssten.
Das Lied sendet schöne Grüße an die nationalen Jammerlappen: den MöchtegernWiderstandskämpfer, der dir im Drei-Minuten-Gespräch viermal sagt, dass er das Schokoding noch nie Schaumkuss genannt hat; den verbeamteten Putinfan, der von seiner Pension dreimal im Jahr nach Thailand fliegt und zu Hause allen ungefragt erzählt, wie schlimm es hier sei; den stadtbekannten Voll-Alki, der seit Jahren nichts mehr geregelt kriegt und mit seiner frisch gehissten Reichskriegsflagge endlich mal ein Zeichen setzen will; die „coolen Kids“, die im Dorf Laternen schwarz-weiß-rot bemalen; und die feschen Jankerträger, die genau wissen, was juristisch geht, und ihr Fußvolk im Dienst der Sache verheizen– kein Spaß und trotzdem zum Lautlachen. Nach diesem lustvollen Zelebrieren punkgetränkter Klischeetexte zeigen Feine Sahne Fischfilet mit „Manchmal finde ich dich scheiße“ und ihrem Featuring-Gast FiNCH, ein weiteres Schwergewicht der deutschsprachigen Musikszene in einer Kombination, die auf den ersten Blick nicht unterschiedlicher sein könnten, dass es eben mehr gibt als nur Schwarz und Weiß; denn wer kennt es nicht: den Freund oder die Freundin, mit dem oder der man sich in mehr als nur einer Sache nicht einig ist. Mit denen man sich leidenschaftlich fetzen, sich ins Gesicht sagen kann, wie scheisse man sich manchmal findet – und trotzdem im Großen und Ganzen prima klarkommt. Und genau dieses Klarkommen trotz aller Unterschiede ist der Kitt, der die Welt letztlich zusammenhält – und diejenigen stark macht, die eben nicht auf dem Schwarz-Weiß-Film hängen geblieben sind.
Das Lavieren zwischen Rebellion und Erwachsenwerden, zwischen Abgrenzen und Verbinden ist das große Thema, der rote Faden von „Wir kommen in Frieden“. Wie geht man damit um, wenn man jahrelang als Aushängeschild des militanten Antifaschismus galt, die Band, die immer als erstes angerufen wird, wenn es brennt und direkt wieder losfährt? Wie geht man damit um, dass diese Strukturen, wenn es hart auf hart kommt, in den seltensten Fällen halten, was sie versprechen? Und man plötzlich merkt, dass auch außerhalb der eigenen politischen Blase Menschen kämpfen und etwas zu sagen haben?
Das Bewältigen dieser Konflikte, ohne die Grundüberzeugungen über Bord zu werfen, sich weiterzuentwickeln und dabei sich selbst treu zu bleiben – das ist die eigentliche Essenz dieses Albums.
Trotz hörbarer Lust an Krawall und Party verliert die Band nie ihren wütenden Blick auf die Verhältnisse – und auf die Scheinheiligkeit eines großen Teils der besserwisserischen Kulturund Polit-Schickeria. „Stammtisch und Plenum drehen durch, im Stadion läuft unser Lied“, heißt es in „Gut, dass ich weiß“, dass die Scheinheiligkeit von Links- und Rechtsaußen gleichermaßen entlarvt– und schafft dabei das Kunststück, trotzdem eine mitreißende Hymne für Zwischentöne zu schreiben.
„Haut an Haut“ folgt als große Überraschung: Eine intime, berührende Ballade über Monchis Erfahrung als Vater – ein ruhiger, fast zarter Moment auf einem ansonsten hochenergetischen Album, getragen von einer klaren Melodie und großer Verletzlichkeit.
Mit „Besoffen sein“ liefern Feine Sahne Fischfilet dann wieder eine klassische Punkhymne – direkt, hymnisch, ein Liebeslied ans Chaos, aber nie platt oder stumpf, sondern mit einem Augenzwinkern.
Ein weiteres Highlight ist „Jungs und Kokain“ – ein bittersüßes Duett mit Miss Platnum, das zwischen Wehmut, Humor und rauer Ehrlichkeit changiert: Eine Geschichte über Träume, Exzesse und das, was am Ende wirklich bleibt.
Mit „Keine Panik“ drehen Feine Sahne Fischfilet dann noch mal auf: Ein euphorischironisches Gute-Laune-Monster, das sich selbst und die Welt nicht allzu ernst nimmt und trotzdem mitten ins Herz trifft.
Das Finale „Eine rauchen wir noch“ ist eine große, emotionale Hommage an ihren engen, 2023 verstorbenen Freund Lothar König aus Jena – den legendären Stadtjugendpfarrer und streitbaren Antifaschisten, der wie die Band nie zur Ruhe kam und ebenso wie sie zwischen allen Stühlen seinen Platz fand.
Mehr kann man sich von einem Rockalbum kaum wünschen. Feine Sahne Fischfilet haben sich mit „Wir kommen in Frieden“ ein Denkmal geschaffen – ungekünstelt, voller Energie, zwischen Rock, Punk, Pop, Schlager, großer Klappe und ganz viel Gefühl.